Lebendige Hühner, ein richtiger Palmsonntag, Käsespätzle und echte lafaek diaks - unser siebter Monat

Veröffentlicht am 27. April 2024 um 02:27

Unser siebter Monat hat mit einem sehr Timor-typischen Ausflug begonnen; unsere Kolleginnen haben uns am 8.3., dem Freitag, mitgeteilt, dass wir am Wochenende gemeinsam nach Ermera, in das Haus von Marias Lehrerin fahren wollen. Ermera ist - vielleicht erinnert ihr euch - ein District etwa 90min außerhalb von Dili. Um dorthin zu gelangen muss man ins Landes innere fahren, das heißt quasi die Berge einmal rauf und auf der anderen Seite liegt Ermeras Hauptstadt Gleno.

Der Plan war um 11Uhr loszufahren mit einer Bekannten, die ein Auto und ein Führerschein besitzt. Letztendlich ging es um 15Uhr los, weil eben diese Bekannte überraschenderweise noch Erledigungen machen musste.

Unterwegs war der Unmut über ihre „kleine“ Verspätung dann schnell verflogen und es wurde viel gelacht. Maria und ich haben unsere „Gurkengeschichte“ zum besten gegeben: Vor ein paar Wochen haben wir im Supermarkt Gurken gefunden, die zwar ein wenig schrumpelig aussahen, aber trotzdem Ähnlichkeit mit europäischen Gurken hatten. Ich hatte eigentlich die ganze Zeit schon immer wieder nach Gurken gesucht, weil ich sie echt gerne essen, aber irgendwie haben wir nie welche gefunden. Wir sind also mit unserem Schatz nachhause gelaufen und haben die Gurke probiert - und wurden bitter enttäuscht. Im wahrsten Sinne des Wortes! Die Gurken waren unglaublich bitter und wirklich nicht genießbar. Tage später haben wir gemerkt, dass Gurken hier seasonal sind und eher wie sehr dicke Zucchinis aussehen als wie Gurken. Das hat mir immer noch nicht erklärt was ich da für europäische Gurken bekommen habe und warum die so schrecklich bitter waren. Also habe ich Umbelina gefragt und nachdem sie mich ein bisschen ausgelacht hat, hat sie mir dann erklärt, dass wir „bitter melon“ gegessen haben. Das wird hier vor allem Kindern gegeben (finde ich ziemlich gemein), weil die Früchte sehr vitaminreich sind und vor Krankheiten wie Covid oder einer Grippe schützen sollen. Ich weiß nicht inwiefern das medizinisch belegt ist, kann aber auch nicht empfehlen es auszuprobieren.

Unterwegs haben wir verschiedenes Gemüse eingekauft, um später gemeinsam ein Abendessen zu kochen. Das fand ich eine sehr schöne Sache bis wir ein LEBENDIGES Huhn gekauft haben, das später für uns auf dem Grill landen sollte. Wir haben viel über die Landschaft erfahren, von wilden Bienen und Kaffeeanbau in wirklich unwegsamem Gelände (Bilder findet ihr unten). Bevor wir dann mit dem Kochen bei Arsenia zuhause anfangen konnten, haben wir noch einen kleinen Ausflug gemacht und uns Gleno angeschaut: die Stadt ist vor allem geprägt durch den großen Marktplatz in ihrer Mitte und durch die Kathedrale von der man auf die Stadt runterschauen kann. Gleno ist eigentlich eher wie ein Dorf als wie eine Stadt; generell sind Städte in Timor oft dezentral aufgebaut und bestehen viel auch aus kleinen Häusern, die im Abstand zur Stadt gebaut worden sind, aber immer noch zu der Stadt gehören. Es war wirklich lustig Gleno ein bisschen zu erkunden und wir haben natürlich auch super viele Bilder gemacht. Abends haben wir dann gemeinsam gekocht, was für uns wirklich besonders war, weil wir eigentlich nicht mit kochen dürfen. Normalerweise werden wir immer bedient und dürfen vielleicht am Ende ein bisschen beim Spülen mithelfen. Umso glücklicher war ich, als wir den Gurken- und Tomatensalat machen durften. Umbelina hat uns gezeigt wie man die Riesengurken schält und schneidet. Es war wirklich lustig, weil wir echt ein Weilchen gebraucht haben bis wir verstanden habe wie man die harte Schale mit einem eher stumpfen Messer abkriegt. Es war am Ende sehr lecker und wir konnten das jetzt nicht mehr ganz so lebendige Huhn gut umgehen.

Nach dem Essen haben wir dann noch ein bisschen zusammen gesessen bevor wir dann schlafen gegangen sind, weil am nächsten Morgen die Messe recht früh losgehen sollte.

Um 8Uhr ging es dann zur Messe, bei der fast mehr Hunde als Menschen anwesend waren. Die Hunde waren eigentlich sehr lieb - und gehörten offensichtlich manchen Menschen - aber sie waren wirklich überall. Der Pater hat nach der Messe sogar extra betont, dass nicht mehr jeder seinen Hund (Asu) mitbringen soll, weil die doch wirklich keinen Nutzen in der Kirche haben. Schon sehr amüsant: Stellt euch mal vor in Deutschland würden Leute einfach ihre Haustiere mit in die Kirche bringen. Ziemliches Chaos!

Als wir dann später nachhause gefahren sind, hat man schon gemerkt, wie sich das Verhältnis zu unseren Kolleginnen verändert hat, enger geworden ist. Umbelina hat mir das am Montag im Unterricht nochmal bestätigt. Für Timoresen ist es wichtig, dass man Eigeninitiative zeigt: die würden dir nicht einfach sagen „Bitte hilft mir beim Kochen.“ oder „Kannst du auch etwas von dem Gemüse bezahlen.“ Dafür sind sie sowohl zu schüchtern als auch zu höflich. Das heisst aber nicht, dass es nicht an sich gewünscht wäre, dass die „Malay“ (Ausländer) auch mithelfen. Es scheint so als hätte es unseren Kolleginnen wirklich viel bedeutet, dass wir selbstverständlich mitgeholfen haben. Ich finde es immer wieder sehr interessant wie wenig Worte und wie viel Taten hier zählen.

 

Die Woche darauf haben wir sehr besonderen Besuch bekommen: Marias Papa ist hergeflogen und hat sich Timor mal ein bisschen angeschaut. Das Erste und vielleicht das Schlimmste, was er gemerkt hat, war die Hitze. Es war die vergangenen Wochen, in denen es trotz Regenzeit nicht geregnet hat, super heiß und drückend. Manchmal vergessen wir, dass die Hitze schon auch wirklich anstrengend und erschöpfend ist. Marias Papa hat uns das nochmal ziemlich gut gespiegelt.

Er war eine Woche hier und wir haben ziemlich viel erlebt: Er ist Samstag gekommen und am Sonntag ging es für uns nach Hera, einer kleinen Küstenstadt östlich von Dili, wo wir uns Mangrovenwälder angeschaut haben - hierüber erscheint, hoffentlich bald, ein Artikel von mir im südostasien-Magazin, ihr könnt euch darauf also schon freuen.

Am Montag hat er dann das CMTC besucht und wurde wirklich sehr besonders begrüßt; es gab Gesänge, Reden und Tais, die traditionellen, timoresischen Schals. Es war für ihn, glaube ich, ziemlich absurd, dass er einen solchen Empfang bekommt, aber Begrüßungen und auch Abschiede sind in der Kultur hier sehr wichtig und müssen auch entsprechend absolviert werden.

Wir sind am Mittwoch dann nach Baucau losgefahren. Die Fahrt ist richtig schön, weil man die meiste Zeit an der Küste entlang fährt und einen sehr malerischen Blick hat. Man fährt außerdem durch Manatutu, einer sehr trockenen Gegend in Timor, die sehr schwach besiedelt ist.

Baucau dagegen ist die zweitgrößte Stadt in Timor mit knapp 20.000 Einwohner*innen. Sie ist aufgebaut in zwei Hälften; „old town“, die von den Portugiesen angelegt wurde und „new town“, die vielleicht 25Jahre alt ist. Wir haben dort der anderen Canossa-Schule, in der die letzten Freiwilligen gearbeitet haben, einen Besuch abgestattet. Das CTID, Centro Treinamento Integral no Desenvolvimento, ist eine Schule für junge Frauen, die hier innerhalb eines Jahres Unterricht in Kochen, Bewirtung, Englisch, Verwaltung und Hauswirtschaft bekommen, um später in Hotels oder Restaurants arbeiten zu können. Die Schule ist deutlich größer als das CMTC auch, weil es auch Internatsplätze anbietet.

Es war sehr spannend mal eine so andere Schule kennenzulernen und es hat mich richtig gefreut zu sehen, dass die MISEREOR-Projekt über Dili hinausgehen und auch in ländlicheren Gegenden sind.

Ansonsten hat Marias Papa viel von Dili sehen können, auch wenn es total heiß war.

Am 24.3. war dann schließlich Palmsonntag, was für mich ein großes Highlight war. Es gab nämlich wirkliche Palmblätter! Die ganze Straße wurde damit ausgeschmückt, der Hauptgang in der Kirche und jeder hatte noch ein Palmblatt in der Hand. Es gab eine kleine Prozession und Segnung und dann eine normale Messe. Trotzdem fand ich es sehr besonders, weil es einfach doch ein schönes Gefühl ist, Palmsonntag mit echten Palmen zu feiern.

 

Über Ostern sind wir dann wieder nach Baucau gefahren, zu Inge. Inge lebt seit über 20Jahren in Timor, ist verheiratet mit einem Timoresen und hat Kinder. Sie arbeitet für MISEREOR als „Dialogstelle“ zwischen Misereor und den Partnerorganisationen hier vor Ort.

Wir sind also am Gründonnerstag sehr früh aufgebrochen, um mit dem Bus nach Baucau zu fahren. Am Busbahnhof angekommen lief es sehr chaotisch; unzählige Männer haben versucht uns in ihren Bus zu lotsen, damit sie ihn voll bekommen und dann losfahren können. Wir haben dann also in einem Bus Platz genommen und mussten etwa eine Stunde warten bis es dann losging und der Bus wirklich platzend voll war - junge Männer stehen in den Gängen, alle anderen quetschen sich auf die Sitzflächen. Die Fahrt an sich war ziemlich angenehm und wir konnten nochmal ein bisschen Schlaf nachholen. Wir haben dann irgendwann festgestellt, dass wir gar nicht wissen wo wir aussteigen müssen und haben dann eine Frau neben uns gefragt. Wir haben versucht unauffällig zu sein, weil wir uns eigentlich die Peinlichkeit vor allen anderen ersparen wollen. Das Ende vom Lied war aber, dass der ganze Bus - inklusive Fahrer - mit uns überlegt hat, wie die Adresse, die Inge uns geschickt hat, zu interpretieren ist. Es gab überraschend viele Möglichkeiten für nur eine Adresse und letztendlich haben wir Inge angerufen, die am Telefon durch den ganzen Bus weitergereicht wurde, bis wir irgendwann einfach aus dem Bus geworfen wurden. Es hatte dann doch alles seine Richtigkeit und wir wurden dann von Inge abgeholt.

Adressen sind hier tatsächlich eine Seltenheit; zwar gibt es Straßennamen, aber eigentlich werden die kaum genutzt. Hauptsächlich verständigt man sich über Stadtteile (was ich wirklich verwirrend finde, weil die Stadtteile teilweise sehr groß sind und auch nicht immer ganz klar ist wo der eine Teil beginnt und der andere aufhört.). Es scheint trotzdem irgendwie zu funktionieren, so ganz ohne Straßennamen oder Hausnummern.

Bei Inge hatten wir wirklich eine sehr schöne, sehr entspannte Zeit. Wir waren viel spazieren - was wir in Dili kaum machen und sehr vermissen. Baucau ist, anders als Dili, deutlich ruhiger und schon auch kühler. Es ist ziemlich hochgelegen und man wird beim Spazierengehen super häufig mit einer wirklich fantastischen Aussicht belohnt - Bilder findet ihr unten!

Wir hatten das Glück ihre Familie kennen zulernen; Inameta, ihre Tochter, Asamu, ihren Sohn oder auch ihren Mann, Constantino. Wir haben abends Rummicub gespielt und Skittles gegessen - was doch sehr nah an deutsche Spiele-Abende erinnert. Als es am vorletzten Abend Käsespätzle gab, wollten wir wirklich nicht mehr zurück und einfach bei ihr bleiben.

Am Samstag haben uns Inge und Constantino dann „Lafaek diak“ gezeigt. „Lafaek diak“ (Das barmherzige Krokodil) ist eine gemeinnützige NGO, die eine normale Klinik und eine Geburtenklinik in Triloka, einem sehr kleinen, sehr abgelegenen Dorf, betreibt. LINK

Sie werden unteranderem von dem Kindermissionswerk unterstützt - Teile des Sternsinger-Geldes fließen hier hin! Constantino ist der Direktor von „Lafaek diak“ und bemüht sich nicht nur die beiden Kliniken zu unterhalten, sondern gleichzeitig auch den Menschen vor Ort eine umfangreichere Ernährungsweise beizubringen. Neben der Geburtenklinik befindet sich ein großes Feld mit allerhand Gemüse und er hat auch Kühe - sogar sehr besondere, teure timoresische Wasserbüffel, die ich sehr hübsch finde. Es war wirklich beeindruckend wie die Organisation, bzw Constantino, im Nichts zwei Kliniken gebaut hat. Sie haben auch ein Stipendiumsprogramm und fördern lokale, junge Erwachsene, die Pfleger*innen oder Ärzt*innen werden wollen. Sie können in Baucau studieren und hier ihre Praxiserfahrungen sammeln. Es ist sehr durchgedacht und sehr in die Gemeinschaft der Dorfes eingegliedert, was einfach sehr zur timoresischen Kultur passt und die Menschen so die Kliniken - besonders die Geburtsklinik - besser annehmen können.

Wir haben fast den ganzen Tag dort verbracht, uns alles angeschaut, Kokosnuss, gekochte Erdnüsse und Mais gegessen und versucht vom Aussichtspunkt die Kühe in den hohen Gräsern auszumachen. Das absolute Highlight kam dann abends, es war schon dunkel und wir waren kurz davor zu gehen, als eine der Kühe Wehen bekommen hat und ein wirklich super kleines Kälbchen auf die Welt gebracht hat. Das war sehr besonders und sehr goldig!!! Ein bisschen ein kleines Osterwunder.

 

Wir sind dann, nach dem sehr entspannten und ruhigen Wochenende, am Montag mit Inge zurück nach Dili gefahren. In Dili hatte es zwar endlich mal wieder geregnet, aber es war trotzdem deutlich heißer als in Baucau. Wir haben uns dann schnell frisch gemacht und haben zu Mittag gegessen, bevor es dann für uns mit Umbelina, unserer Kollegin, in ein Museum ging. Es war kein normales Museum, sondern befand sich in einem ehemaligen Gefängnis, dass während der indonesischen Besatzungszeit als Folterzentrum missbraucht wurde. Es ist heute Ausstellungsraum und Archiv und hier wird viel über die Kriegsverbrechen recherchiert und nachträglich aufgeklärt. Es war erschütternd und hat uns sehr zum Nachdenken gebracht. Nicht nur, dass es an sich so unendlich viele, grausame Gewalttaten und Verbrechen der Indonesier (oder der timoresischen Miliz) an der Zivilbevölkerung gabt, sondern auch, dass ein so unendlich großer Teil der Geschichte nicht an die westliche Öffentlichkeit gerät und nicht als die Verbrechen anerkannt werden als die sie verbrochen wurden - ich möchte hier an der Stelle sagen, dass es keinesfalls zufällige, einzelne Gewaltdelikte waren, sondern systematische die Bevölkerung verschrecken, einschüchtern und jeglichen Protest untergraben wollte.

Zwei Sachen sind mir hier besonders in Erinnerung geblieben: zum einen hat mich wirklich erschreckt wie viele Details (heißt; die gewalttätigen Taten der indonesischen Armee oder timoresischen Miliz) mir trotz wirklich umfänglicher Recherche und vielen Gesprächen mit Freunden hier einfach verborgen geblieben sind. Sicher hat das zum einen damit zu tun, dass es wenig journalistische Arbeit gab und auch wenig nachträglich recherchiert wurde. Zum anderen glaube ich, dass die Timoresen eine, für mich, sehr andere Vergangenheitsverarbeitung betreiben. Oft hatte ich hier in Gesprächen das Gefühl, dass man den Indonesiern gleichgültig entgegenblickt - in manchen Punkten vielleicht sogar „dankbar“; Die Indonesier haben großflächig Schulen und Infrastruktur gebaut, sehr anders als die Portugiesen, die 450 Jahre lang nur den Adel ausgebildet hat und das auch nur, damit sie miteinander kommunizieren können.

Mehr als einmal war ich überrascht wie wenig in die Vergangenheit und wie stark in die Zukunft geschaut wird. Und gleichzeitig gibt es auch Orte wie das Gefängnis in Balidi, bei dem viele Menschen, teilweise ehrenamtlich, Verbrechen aufklären wollen, um die Vergangenheit eben nicht zu verdrängen, sondern zu verarbeiten.

Insgesamt hat mich wirklich schwer erschrocken wie wenig internationales Interesse für die Region besteht und wie schwer zugänglich gute Informationen aus Timors Vergangenheit sind. Dabei geht die Geschichte eben doch noch bis heute; so war zum Beispiel der jetzige, frisch gewählte Präsident Prabowo Subianto von Indonesien als hoher General in Timor-Leste eingesetzt. Laut unserer Führerin war er beteiligt an zahlreichen Massakern (unteranderem dem vom 12.November, über das ich bereits geschrieben habe). Inwieweit das stimmt, habe ich nicht überprüft. Er war jedenfalls in Timor-Leste eingesetzt und ist der Ex-Schwiegersohn von dem Präsidenten/Diktator Suharto, der damals die Invasion Timor-Lestes beauftragt hat.

Ich glaube nicht, dass wir uns nur im Ansatz vorstellen können, was das für die Bevölkerung Timors bedeutet, die im Nachbarland nicht nur einen ehemaligen General, der in ihrem Land Schaden angerichtet hat (in welcher Form auch immer), sondern der auch noch in einer Dynastie mit dem Invasor Suharto steht.

Die andere Sache, die mir schwer in Erinnerung geblieben ist, ist, dass Umbelina mit uns dorthin gegangen ist. In einem Land indem die Vergangenheit nicht gerne besprochen wird, bedeutet es nochmal mehr, wenn sich jemand für einen selbst in eine solch ungemütliche Situation begibt. Es hat mir wirklich viel bedeutet, weil es für mich so viele wichtige Erkenntnisse mitgebracht hat und ich unserer gesamte Zeit über immer das Gefühl hatte, dass ich kein richtiges, genaues Bild von der Geschichte Timors hatte. Wir haben uns mehr als einmal dafür bedankt.

 

Am nächsten Morgen ging es für uns, ziemlich überraschend, nach Suai. Inge hat uns angeboten uns mit nach Suai zu nehmen, weil sie dort einen Misereor-Besuch machen musste. Wir wollten uns sowieso sehr gerne die Südküste anschauen, auch weil die 8h Fahrt dorthin super viel von Timor zeigt. Wir sind durch Berge gefahren - hier oben waren es auf einmal nur noch um die 10 Grad! - und durch Reisfelder, wo es doch wieder flach war. Wir haben super viele „Karauw Timor“ gesehen, also timoresischen Wasserbüffel, die wirklich hübsch sind (Bilder findet ihr unten!). Wir sind an vielen uma luliks vorbeigefahren. Das sind heilige Häuser, die die Familiebünde gemeinsam bauen und dort Zeremonien und Feste abhalten; es gibt meistens eine führende Familie, die auf das heilige Haus acht gibt. Alle Entscheidungen das Haus betreffend werden aber eigentlich demokratisch gelöst. Die Häuser sind nicht nur sehr hübsch, sondern auch super praktisch; tagsüber kühlt das Dach das Haus und lässt trotzdem den Wind noch durch, nachts, wo es doch auch frisch werden kann, wärmt das Dach die Schlafenden. Deutlich wärmeeffizienter als die Wallblechdächer also.

Suai liegt im Süden Timors, direkt an der Küste und verfügt über eine überraschend gute Infrastruktur, weil man so Ölkonzerne anlocken möchte, die vor der Küste das Öl zutage befördern sollen. Bis jetzt ist aber noch kein Ölkonzerns hier und so waren wir die einzigen, die die Autobahn benutzt haben. Stellt euch mal vor; eine Autobahn mit sonst keinem einzigen Fahrzeug!!

Nach 8h verblüffend solider Fahrt - ihr wisst ja, dass wir auch schon sehr andere Fahrten erlebt haben - sind wir dann beim Kloster in Suai angekommen. Hier haben die Canossa-Schwestern nicht nur ein Kloster, sondern auch ein Internat für Hotellerie- und Verwaltungsstudent*innen. Es ist ein sehr großer Komplex mit mehreren Wohnhäusern, mehreren Küchen und direkt neben der Kathedrale von Suai.

Wir wurden sehr lieb empfangen; mit Tais und traditionellen Tänzen. Ich habe mich besonders gefreut, weil drei meiner Postulantinnen, die ich bis Dezember unterrichtet hatte, seit Januar hier wohnen. Es war so schön die drei wieder zu sehen und sich auf den neusten Stand zu bringen.

Die nächsten Tage waren wir dann auch weitestgehend mit den Postulantinnen unterwegs; haben beim Kochen geholfen und uns ein bisschen die Gegend angeschaut. Wir sind an den Strand gefahren und haben uns die Südküste angeschaut. Ich habe dann mal ganz unauffällig nach Krokodilen gefragt. Suai ist bekannt dafür viele Krokodile zu haben und ich wollte die ganze Zeit schon welche sehen. Floriana, eine der Postulantinnen, hat dann mit dem Fahrer gesprochen, der uns dann zu einem sumpfigen Fluss gefahren hat. Zuerst habe ich nur „Steine“ im Wasser gesehen. Als ein Timorese dann was ins Wasser geworfen hat, sind die Krokodile auf einmal angeschwommen gekommen - ganze drei Stück. Eigentlich ist es sehr selten, dass man welche sieht, weil es generell in Timor nicht mehr viele Krokodile gibt. Wir hatten also wirklich sehr großes Glück! Die letzten Tage in Suai konnten wir dann nicht mehr ganz so stark genießen, weil ich mir ziemlich den Magen verdorben hatte und kaum das Zimmer verlassen konnte. Auch das gehört zu einer authentischen Reiseerfahrung in Südostasien - egal ob in Suai oder auf Bali.

Ihr merkt; unser siebter und vorletzter Monat in Timor war wieder sehr ereignisreich und aufregend. Ich bin sehr dankbar, dass ich mehr und mehr das Gefühl von Sicherheit bekomme und ich richtig merke wie souverän wir hier geworden sind - man kennt eben doch schon einige Schwierigkeiten und kann jetzt so viel besser damit umgehen. Umso schöner, dass wir die Probleme jetzt kennen, aber noch nicht mal im Ansatz alle schönen, aufregenden Sachen zu Ende entdeckt haben!


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